Nach zwei Tagen im vorweihnachtlichen Trubel Coyhaiques sitzen wir im Bus nach Punta Arenas. Um in die südlichste Kontinentalstadt der Welt zu gelangen, müssen wir die argentinische Grenze überqueren. Bereits auf den staubigen Pisten Argentiniens, hält der Bus kurz vor Mitternacht plötzlich vor einem Tankstellenimbiss. „40 Minuten Pause, um etwas zu essen.“, tönt es aus der Fahrerkabine. Wir glauben uns verhört zu haben – essen, jetzt um diese Uhrzeit! Viel lieber würden wir weiterschlafen, doch es hilft nichts, wir müssen den Bus verlassen und sehen ungläubig zu, wie sich unsere beiden Fahrer Berge von gegrilltem Rindfleisch schmeckenlassen. Das ist eben die argentinische Mentalität. Vor 22 Uhr wird hier selten zu Abend gegessen.
Am nächsten Morgen, nach 22 Stunden Busfahrt, erreichen wir Punta Arenas, wo wir nach wenigen Minuten das Hostel „Ely House“ betreten. Bereits in Coyhaique hatten wir hier ein Zimmer reserviert und werden nicht enttäuscht. Freundlich begrüßt uns die Besitzerin Ely und auch unser Zimmer ist eine echte Wucht – ein riesiges Bett und eigenes Bad. Am Abend, zurück vom Stadtbummel, treffen wir im Hostel die Franzosen Roger und Christine. Die beiden, schon Ende 50, sind doch tatsächlich mit einem selbstgebauten Segelschiff von der französischen Küste über den Atlantik bis nach Kolumbien gesegelt und wollen noch weiter in die Karibik. Trotz der kleinen Sprachbarriere – Christine spricht nur französisch und Roger ein wenig spanisch – verstehen wir uns sehr gut und es wird ein lustiger Abend. Aber die beiden bleiben nicht unsere einzige Bekanntschaft im „Ely House“. Auch die Deutschen Heiko und Rosi gesellen sich am 24. 12. zu unserer Runde, die bald auch vom Franzosen Jerome und zwei Japanern ergänzt wird.
Ursprünglich hatten wir uns diesen Weihnachtstag jedoch ganz anders vorgestellt. Zunächst hatten wir auf der Plaza de Armas von Punta Arenas die berühmte Statue des Magellan betrachtet. Sie zeigt den Entdecker der südlichen Gefilde, wie er stolz über zwei Indianern thront. Diese repräsentieren die von den weißen Eroberern ausgerotteten Stämme der Ona und Aonikenk. Die Fußspitze einer jener Indianerskulpturen zu berühren, soll angeblich Glück bringen. Schon ganz abgewetzt von den vielen Touristenhänden, habe auch ich meinem Glück ein wenig nachgeholfen. Anschließend hatten wir kurz mit unseren Familien zu Hause telefoniert und wollten dann in einem Restaurant essen gehen. Enttäuscht mussten wir feststellen, dass gegen 20 Uhr alle Läden geschlossen hatten. So kam es, dass wir nun im Hostel sitzen. Aber wie das Schicksal so spielt, auch Roger, Christine und Jerome haben vor den Abend hier zu verbringen.
Nachdem wir alle zusammen gegessen haben, treffen Heiko und Rosi ein. Bei Wein und leckerem Eisdessert verbringen wir einen urgemütlichen und vor allem lustigen Abend. Innerhalb der allgemeinen Sprachverwirrung – die wohl dem Esperanto am nächsten kommt – warten wir alle auf Mitternacht. Ja, Mitternacht – den in Chile findet die Bescherung erst um 0 Uhr in der Nacht statt. Zu dieser werden wir dann von Ely und ihrer Familie ins Wohnzimmer eingeladen, wo selbst gebackene Kekse und süßer Sidre – Sekt für uns bereitstehen. Als einer der Japaner auf seiner „charango“ zu chilenischer Folkloremusik singt, ist die Stimmung schon auf dem Höhepunkt angelangt. Wir haben alle einen riesigen Spass und gehen erst spät am nächsten Morgen in unsere Betten.
Leider müssen wir uns am nächsten Tag von den netten „Weihnachtsbekanntschaften“ verabschieden. Heute wollen wir mit einer organisierten Tagestour zur Pinguinkolonie des „Seno Otway“. Hier angekommen haben wir etwa 2 Stunden zur freien Verfügung und können ganz gemütlich durch die Kolonie laufen. Hautnah erleben wir die Magellanpinguine, die wir schon von der Halbinsel Valdes kennen. Neu für uns ist nun der Nachwuchs, der mit seinem flauschigen Fell dicht aneinander gerückt vor den schützenden Erdhöhlen hockt. Fasziniert beobachten wir das Treiben in der Kolonie, wo die Pinguine auf scheinbar unsichtbaren Pfaden durch dichtes Gestrüpp watscheln.