Cuesta Quelat

ÜBER DEN QUESTA QUELAT RICHTUNG VILLA AMENGUAL

Am nächsten Morgen bauen wir unser Zelt tatsächlich bei trockenem Wetter ab. Sogar die Sonne zeigt sich beim Frühstück ein wenig – ideales Wetter also für unsere zweite Passüberquerung. Zunächst führt uns der heutige Weg weiter entlang der Küstenstraße mit Ausblick auf den Fjord von Puyuhuapi. Kurz bevor wir den Padre Garcia Wasserfall passieren, halten wir an einem Schild mit der Aufschrift „Agua mineral“. Hier wollen wir unsere Trinkflaschen auffüllen, doch als Nico einen Schluck davon nimmt, spuckt er den soeben eingefüllten Inhalt sofort wieder aus. „Schmeckt ja wie ’ne Eisenstange“, lautet sein Kommentar und so müssen wir mit dem noch verbliebenen Wasser haushalten.

Fluss im Regenwald, Carretera Austral, Chile - river in the rainforest, Carretera Austral, Chile

 

Bevor wir uns an den Pass „Cuesta Quelat“ heranwagen, machen wir am Ufer des Rio Cisnes eine kurze Pause. Mit Blick auf den Padre Garcia Wasserfall lassen wir uns die Käse – und Manjarbrote richtig schmecken. Letzteres ist ein typisch südamerikanisches Produkt, auch“dulce de leche“ genannt und besteht aus gekochter und gezuckerter Kondensmilch. Es soll regelrechte „Manjarjunkies“ geben, die das Zeug mit dem Löffel spachteln. Für uns ist es jedoch meist nur die billigere Alternative zum hier teuren Nutella, liefert es doch gerade auf dem Fahrrad schnelle Energie. Bevor es dann ernsthaft bergauf geht, haben wir eine kleinere Panne. Nicos Lowrider (Frontgepäckträger, für alle nicht Fahrradverrückten) hat sich verstellt und blockiert nun sein Vorderrad. Nachdem jedoch das Gepäck abgeschnallt und alles notdürftig mit einem Spanngurt repariert ist, kann es weitergehen.

Notdürftige Fahrradreparatur

 

Kräftig treten wir in die Pedalen. In langen Serpentinen und auf deftig geschotterter Strasse geht es auf 500 m hinauf. Bald schon ist das unglaubliche Panorama der schneebedeckten Andengipfel in dicke Wolken gehüllt. Auch der Regen erwischt uns mal wieder und besonders meine Kräfte schwinden immer mehr. Doch es gibt nur einen Weg und der führt über diesen Pass, der sich scheinbar ewig hinzieht. Kurz vor dem Passschild bei 500 m heißt es dann noch einmal Zähne zusammenbeißen, den es geht auf weitere 90 m hoch. Endlich oben angekommen, können wir den „Gipfelsturm“ gar nicht so richtig genießen, denn der Regen ist immer stärker geworden. So machen wir uns gleich an die Abfahrt, die sich auch nicht viel einfacher gestaltet. Schotter und immer enger werdende Kurven lassen uns schnell zu den Bremsen greifen. Unsere Finger sind bald nicht nur von dieser Anstrengung halb taub, auch der kalte Wind setzt uns zu. Es wird Zeit die Handschuhe auszupacken, die wir nach etwas Suchen ganz am Boden unsere Packtaschen finden. Erschöpft erreichen wir im Talgrund den Abzweig nach Puerto Cisnes. Am Straßenrand, in einer kleinen verfallenen Bauhütte wärmen wir uns mit Tee und Keksen ein wenig auf, bevor es weiter Richtung Villa Amengual geht. Leider führt der Weg immer noch über kräftigen Schotter, wo faustgroße Steine überall verstreut sind und wir bugsieren uns und die schaukelnden Räder eher schlecht als recht vorwärts. Angeblich soll es hier ganz in der Nähe eine Hosteria geben, aber ich erkundige mich vorsichtshalber noch einmal bei einem Straßenarbeiter. Unsere Energie ist am Boden und als nach etwa weiteren 20 km an einer Brücke über den Rio Grande ein idealer Platz für unser Zelt auftaucht, überlegen wir nicht lange. Schnell ist das Zelt aufgebaut und wir kriechen erschöpft ins Trockene.

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