Nachdem wir bereits im vergangenen Jahr einen kleinen Abstecher zur Halbinsel Valdes, an der Ostküste Argentiniens, gemacht hatten, wollen wir nun zum Ende unserer Südamerikareise noch einmal an diesen herrlichen Ort. Schon damals hatte uns die Tierwelt der Halbinsel fasziniert. Wir hatten das Gepäck in Villarrica gelassen und waren aufgebrochen nach Puerto Madryn. Hier hatten wir an mehreren Ausflügen teilgenommen, wanderten durch Pinguinkolonien, besuchten Seelöwen – und Seeelefantenpopulationen. Besonders beeindruckt waren wir jedoch von den Walen und Delphinen, die wir hier hautnah erleben durften. Hier nur ein Auszug aus unseren Erlebnissen von damals:
„In Puerto Piramides klettern wir nach kurzer Einweisung, in grellorange Schwimmwesten gekleidet, mit etwa 20 weiteren Passagieren auf das Ausflugsboot und fahren hinaus in den „Golfo Nuevo“. Bald schon entdecken wir einen riesigen Walrücken mit den typischen weißen Hautwucherungen am Kopf. Jedes Jahr, zur Paarungs – und Brutzeit, kommen diese südlichen Glattwale, eine bis zu 18 m lange und bis zu 80 Tonnen schwere Walart, in die Bucht des „Golfo Nuevo“. Begeistert schauen wir den Tieren zu, die neugierig und behutsam unter dem Boot hindurch tauchen. Doch nur wenn sie Interesse zeigen, fährt der Bootsführer vorsichtig heran. Von aggressivem Waltourismus mit Verfolgungsjagden ist heute, zum Glück, nichts mehr zu spüren. Immer mehr Wale tauchen neben uns auf oder strecken ihre Rückenflosse gen Himmel. Insgesamt sehen wir etwa 10 Tiere, davon 2 Mütter mit ihren Jungen. Nach etwa einer Stunde ist dieses fantastische Schauspiel leider schon vorbei, doch wir sind noch sehr lange beeindruckt von diesen sanften Meeresriesen.
Am anderen Tag wartet ein weiteres Highlight auf uns: Delfine. Am „Playa Union“, bei Rawson, steigen wir ins Boot und fahren diesmal hinaus aufs offene Meer. Nach ein paar Metern in den heftig schaukelnden Wellen, lockt das Motorgeräusch auch schon die ersten Delphine an. „Toninas“, wie sie hier genannt werden, eine sehr kleine Delphinart, leicht an ihrer schwarz – weißen Rückenzeichnung erkennbar, tummeln sich in den Bugwellen unseres Bootes. Flink und viel zu schnell, fällt es schwer, sie aufs Foto zu bannen. Gespannt beuge ich mich über den Bootsrand und kann sie fast berühren. Als dann zwischen den Delphinen auch noch ein Seelöwe auftaucht, kommen wir aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Neugierig streckt er immer wieder seinen riesigen Kopf aus dem Wasser, wie als ob er die Bootsinsassen begrüßen möchte.“
Nun nach zwei Monaten zieht es uns wieder nach Valdes. Abermals kommen wir in Puerto Madryn, der größten Stadt in dieser Region an. Die Halbinsel selbst ist bis auf den Ort Puerto Piramides und einzelnen privaten Farmen fest in den Händen der Natur. So ist es auch nicht erlaubt, außerhalb von Puerto Piramides zu übernachten. Für uns heißt dies, lange Fahrtstrecken in Kauf nehmen, denn wir haben ein letztes Mal ein Auto gemietet, um Valdes auf eigene Faust zu erkunden. Dabei zieht es uns zum „Punta Norte“, wo um diese Zeit die Seelöwen ihre Jungen aufziehen und Orcas reiche Beute erhoffen. Mehrere Tage beobachten und studieren wir das Verhalten innerhalb der Kolonie. Meist liegen sie faul in der Sonne, ab und zu verirrt sich ein Männchen in das Territorium eines anderen und wird mit Scheinangriffen brüllend fortgejagt. Die Kleinen sind in Gruppen, Sellöwen-Kindergärten könnte man fast sagen, gut aufgehoben, doch wehe ihnen begegnet bei den ersten Schwimmversuchen ein Orca.
Mit seiner riesigen Rückenflosse ist Mel der Macho der Orcagruppe, die hier jedes Jahr vorbeizieht, wie wir von dem netten Parkwächter erfahren. Gespannt warten auch wir darauf, dass sich der Riesenkoloss ans Ufer wirft, um blitzschnell zuzuschnappen. Doch außer einer Patrouille im seichten Wasser – die mit viel Spannung und Dramatik verläuft – sehen wir nicht viel. Insgeheim sind wir ja auch ein wenig froh, denn so können wir dem Spiel der Seelöwen unbekümmert folgen. Wie schnell und elegant sie doch im Wasser wirken. Auch den Seeelefanten und den Pinguinen der „Caleta Valdes“ statten wir noch einen Besuch ab, bevor wir wieder nach Puerto Piramides, zum örtlichen Zeltplatz fahren. In der untergehenden Sonne kreuzen immer wieder seltsame Tiere unseren Weg. „Maras“, Verwandte der Meerschweinchen, erinnern mit ihren langen Hinterbeinen und den ständig wachsamen Ohren eher an unsere europäischen Hasen. Sie sind aber nicht die einzigen Bewohner der südamerikanischen Pampa, auch Nandu’s sowie der argentinische Graufuchs und die neugierigen Gürteltiere lassen sich hier aus nächster Nähe beobachten.
Epilog
Das Abenteuer Südamerika ist zu Ende. Ein halbes Jahr sind wir durch Chile und später auch Argentinien gereist. Dabei haben wir mit dem Auto die dünne Luft des nordchilenischen Altiplanos durchquert. Sind per Fahrrad durch das chilenische Seengebiet und über die Schotterpiste der Carretera Austral geradelt. Haben per Rucksack die zerklüftete Bergwelt des „Torres del Paine“ Massivs durchwandert und uns dem patagonischen Wind entgegengestellt. Spektakuläre Wasserfälle und tropische Tierwelt durften wir bei Iguazu in Argentinien bewundern und die herrlichen Städte Buenos Aires und Mendoza besuchen. Bizarre Felsformationen, Ruinen aus längst vergangenen Jahrhunderten und Kulturen, aber auch die Tierwelt von Valdes hat uns in ihren Bann gezogen.
Die Zeit hier wird uns ewig in Erinnerung bleiben. Insbesondere aber die vielen netten, skurrilen und lustigen Menschen, die wir kennen gelernt und mit denen wir einen Stück unserer Reise und unseres Weges geteilt haben, werden wir so schnell nicht vergessen.
„Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.“
Augustinus Aurelius