Am anderen Morgen machen wir uns auf den Weg zur „La SuizAndina“, am Vulkan Lonquimay. Zuerst merken wir gar nicht, wie die Straße allmählich ansteigt. Vor allem da wir wohl einer Art optischen Täuschung unterliegen, die uns verwirrt. So führt die Straße scheinbar leicht bergab, während es tatsächlich bergauf geht. Selbst bei einer sanften Abfahrt sind wir so gezwungen, kräftig in die Pedalen zu treten, um nicht stehen zu bleiben. Doch wir genießen die Fahrt dennoch.
Die Landschaft beginnt sich schon allmählich zu verändern. Wir sind nun im sog. „kleinen Süden“, genauer gesagt in der Region „La Araucania“ angekommen. Dieses Gebiet wird nicht nur von den riesigen Araukarienbäumen bestimmt, von denen einige bis zu 3000 Jahre alt sind, sondern ist vor allem das Land der Mapuche. Dieses stolze Ureinwohnervolk, von den Spaniern Araukarier genannt, leistete den Eroberungsversuchen der Kolonisatoren bis ins 19. Jahrhundert hinein erbitterten Widerstand. Jahrelang gnadenlos verfolgt und unterdrückt, leben heute etwa nur noch 500.000 Mapuche in dieser Region – die meisten davon auf winzig kleinen Landparzellen in größter Armut. Überhaupt spüren wir in Chile wenig vom kulturellen Erbe, sehen selten oder gar keine Menschen in ihrer traditionellen Kleidung und alles scheint sich eher an europäischen oder nordamerikanischen Mustern zu orientieren.
Nach anstrengenden 30 km Bergfahrt sind wir für heute bei der „La SuizAndina“ angekommen, ein etwa 50 Hektar großes Refugium mit Wald und Tieren in spektakulärer Landschaft. Wir schlagen, umgeben von den schneebedeckten Andengipfeln, unser Zelt auf und genießen den restlichen Tag bei herrlichem Sonnenschein und einem Lagerfeuer am Abend.
Bereits in der Nacht hatte Regen eingesetzt und auch der Blick aus dem Zelt verkündet uns wieder einmal einen verregneten Tag. So lassen wir uns reichlich Zeit beim Frühstücksbuffet mit selbst gemachtem Brot, Müsli, Joghurt und Marmelade und verbringen den Tag lesend und dösend am wärmenden Feuer. Später geht der Regen in Schnee über und bald ist unser Zelt mit einer weißen Decke überzogen. Am Abend trifft eine bayerische Reisegruppe ein, die auf einer Rundtour zu allen großen Vulkanen Chiles ist. Sie wollen morgen den Vulkan Lonquimay besteigen und bieten an, uns mitzunehmen. Wir selbst wollen, gutes Wetter vorausgesetzt, mit Schneeschuhen zum Krater Navidad, etwas unterhalb des Vulkans.